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Queensland Country Bank Stadium in Townsville, Australien

Unsere Titelstory in sb Heft 2/2021
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Nachmittägliche Brise

veröffentlicht in sb 2/2021

Das Queensland Country Bank Stadion wurde in nur einem Jahr geplant und in nur zwei Jahren erbaut. Die auf eine optimale Fanerfahrung zugeschnittene Stadion­schüssel und das breite gastronomische Angebot sorgen für ein perfektes Stadion­erlebnis. Die Anlage fasst bis zu 25.000 Besucher bei Sportveranstaltungen und 40.000 Zuschauer im Konzertmodus. Um das Stadion auch außerhalb von Veranstaltungen nutzbar zu machen, sind die diversen öffentlichen Plätze auch an Nicht-Spieltagen für die Allgemeinheit zugänglich. Der Entwurf stammt aus der gemeinsamen Feder des Architekturbüros COX und Counterpoint Architecture. Im Planungsprozess erfolgte eine enge Zusammenarbeit mit HPW, Stadiums Queensland, ­WATPAC und den North Queensland Cowboys.

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Foto: Andrew Rankin

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Foto: Christopher Frederich Jones

Um die Verbundenheit des Stadions mit seinem Standort sicherzustellen, konzentrierte sich das Team auf den lokalen Kontext. Konsultationen mit dem Volk der Wulgurukaba nahmen bei der Stadionplanung eine wichtige Rolle ein. COX betrachtet die Wulgurukaba von Gurambilarra (Townsville) und Yunbenun (Magnetic Island) als die traditionellen Hüter des Landes, auf dem das Queensland Country Bank Stadium erbaut wurde. COX würdigt und respektiert die lange Kultur dieses Volkes und seinen Beitrag zum Leben in der Stadt und Region.

Gut zu wissen

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Foto: Andrew Rankin

Standort
Townsville, Australien

Bauherr
Behörde für Landesentwicklung

Betreiber
Stadiums Queensland

Architekten
COX architecture

www.coxarchitecture.com.au

Counterpoint Architecture
www.cpoint.com.au

Team
Projektleiter: Richard Coulson
Projektarchitekt: Robert Callanan, Alexander Leese
Technischer Leiter: Alastair Richardson

Autor
COX architecture

Fotos
Andrew Rankin, Christopher Frederick Jones

Offizielle Eröffnung
Februar 2020

Baukosten
250 Millionen AUD
(162 Millionen EUR)

Lokale Identität

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Foto: Andrew Rankin

Ein zentraler Faktor für den Erfolg moderner Stadien und ein Schlüsselelement für regionale Stadien ist es, Identität zu schaffen. Um die Verbundenheit des Queensland Country Bank Stadion mit seinem Standort zu gewährleisten, nahmen die Planungsteams die indigene und lokale Fauna in den Fokus. Basierend auf diesem Planungsansatz erhielt das Stadion eine einzigartige Identität, die sich an der Form und Geschichte des Schraubenbaums orientiert.

Der Schraubenbaum ist im Nordosten Australiens endemisch und kommt vor allem an der Küste und im tropischen Binnenland von Queensland vor. Die Aborigines nutzten die essbaren Früchte als Medizin und Nahrung und verwendeten zudem die Blätter zur Herstellung von Kleidung, Hüten, Körben und anderen Gegenständen. Der Schraubenbaum ist eine robuste Art und damit ein perfekter Vertreter des Geistes von Queensland. Die schwertförmigen Blätter dienten als Inspiration für die Dachgeometrie.

Anspruchsvolle Windbedingungen

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Foto: Andrew Rankin

Die am Standort vorherrschenden Winde hatten einen erheblichen Einfluss auf den Entwurf. Die Architekten- und Ingenieurteams erarbeiteten eine an die Windbedingungen angepasste und zugleich elegante Dachkonstruktion. Das in Zusammenarbeit mit Arup entwickelte Dachtragwerk verbindet strukturelle Eleganz mit einer optimalen Eignung für die von tropischen Zyklonen bestimmten Windverhältnisse. Die Konstruktion kommt mit einem reduzierten Stützwerk aus und ermöglichte eine flexible Gestaltung des Bauablaufs.

Aufgrund des tropischen Klimas in North Queensland mussten verschiedene Herausforderungen berücksichtigt werden. Die meisten australischen Stadien sind an die lokalen klimatischen Bedingungen angepasst, beispielsweise mit offenen Erschließungsebenen und möglichst wenig geschlossenen Wänden. Beim Queensland Country Bank Stadion fiel die Wahl auf eine mit einer Membran überspannte Metalldachkonstruktion, die den tropischen Stürmen widersteht und vor Hitze schützt.Dank der einseitig offenen Stadionschüssel zieht die nachmittägliche Brise durch das Stadion und mildert die Hitze.

Interaktion zwischen Verkehrsflächen und Stadionschüssel

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Foto: Andrew Rankin

Die Form des an ein Hufeisen erinnernden Stadions, die sich nach Norden in Richtung der Stadt und Magnetic Island öffnet, wurde aufgrund verschiedener Anforderungen gewählt. Das Stadion sollte die vorgesehene Zuschauerzahl fassen und gleichzeitig seinen Charakter als eng mit der lokalen Gemeinschaft verbundene kommunale Sportanlage wahren. Die strukturellen, funktionalen und operativen Aspekte moderner internationaler Stadien mussten an den lokalen Kontext von Queensland angepasst werden. Unter Nutzung der natürlichen Geländeform wurden die Service- und Funktionsbereiche ebenerdig unter den Verkehrsflächen angeordnet. Die Gastronomieangebote befinden sich direkt auf der Haupterschließungsebene, um eine engere Verbindung zur Stadionschüssel sicherzustellen. Das Spielfeld ist von dieser Ebene aus jederzeit sichtbar.

Neues Wahrzeichen

Das Stadion ist das größte Gebäude in Townsville und eines der größten in ganz Nordaustralien. Es bildet das Eingangstor zum zentralen Geschäftsviertel und prägt das Stadtbild. Neben seiner physischen Verbindung zur Stadt ist das hufeisenförmige Stadion ein identitätsstiftendes Gebäude für North Queensland und verfügt sowohl national als auch international über einen hohen Wiedererkennungswert.

Es fügt sich in eine urbane Landschaft ein, die stark von der lokalen Topografie bestimmt ist. Mount Stuart, Castle Hill und Magnetic Island zählen zu den natürlichen Wahrzeichen von Townsville. Die organische Form und Struktur des neuen Stadions trägt diesen dominanten Elementen der Naturlandschaft Rechnung.

Drei Fragen an Richard Coulson

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Richard Coulson

Cox Architecture, Direktor

Projektleiter des Queensland Country Bank Stadium in Townsville, Australien

Welches Thema wird die Sportarchitektur in nächster ­Zukunft prägen?

Sicherlich werden COVID-bezogene Fragen der sozialen Distanzierung, des Reisens und des durch den Lockdown verursachten Stillstands zu den dominanten Themen zählen. Die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio werden ein Test hierfür sein. Planer von Veranstaltungsstätten stehen vor einer doppelten Herausforderung: das Fanerlebnis, das Wesen der Wettkämpfe als soziales Event und die gewohnte Atmosphäre mit weniger Zuschauern sicherzustellen und gleichzeitig die Einnahmen für die Betreiber von Sportstätten zu sichern und auszubauen.

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Entwurfzeichnung für das Queensland Country Bank Stadion: manchmal ist nur eine Spücktüte zur Hand...

Welchen Sport und welchen Verein bevorzugen Sie? Was ­bedeutet er Ihnen aus der Sicht eines Architekten?

Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in Queensland verbracht und war schon in vielen Sportarten aktiv. Mein Geburtsort ist jedoch Melbourne, und da ist es schwierig, die „angeborene“ Leidenschaft für Australian Rules Football loszuwerden. Aufgewachsen bin ich mit dem Verein North Melbourne, der damals sehr erfolgreich war und viele berühmte Spieler hatte.

Ich erinnere mich gut daran, wie ich in jungen Jahren mit Freunden und Fremden auf der Tribüne stand, wie die Menge abwechselnd jubelte und Spieler wie Schiedsrichter ausbuhte. Diese Erfahrung, etwas zu beobachten, aber Teil von etwas anderem zu sein, hat den Ansatz geprägt, Sportstätten als Orte des sozialen Miteinanders und gleichzeitig als Arbeitsorte für Sportler zu planen.

 

Welches ist Ihre Lieblingssportstätte? Und warum?

Meine Lieblingssportstätte vor dem Queensland Country Bank Stadion war wahrscheinlich das Gold Coast Aquatic Centre, das für die Gold Coast Commonwealth Games 2018 gebaut wurde. Dieses Schwimmzentrum ist eine Anlage für die lokale Bevölkerung, die in direktem Bezug zur umgebenden Landschaft und den wunderschönen Broadwater Parklands steht. Mithilfe temporärer Erweiterungsstrategien können hier auch Großveranstaltungen ausgerichtet werden. Die Anlage konnte mit geringen Investitionen errichtet werden. Der Schwerpunkt lag auf einer langfristigen Nutzung, um zu vermeiden, dass sie zu einem sogenannten „weißen Elefanten“ wird – ein Schicksal, das viele Sportstätten ereilt, die nur für eine singuläre Großveranstaltung gebaut werden.

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