Sanierung eines Freibades
veröffentlicht in sb 3 2020
Badekultur wie in den 1930er-Jahren: Das historisch bedeutsame Berner Oberländer Freibad Gruebi erstrahlt nach der umfangreichen Sanierung wieder in seiner ursprünglichen farbigen Klarheit. Die denkmalgerechte Interpretation durch akkurat bauatelier lässt den damaligen Zeitgeist aufleben. Ihr Paradigma lautete: „Die Anlage hatte nach der Restaurierung zwar den aktuellen Normen zu entsprechen. Gestalterisch war aber die Formensprache der 30er-Jahre maßgebend.“
Das touristisch geprägte Adelboden liegt im alpinen Gebiet. Ferienhäuser mit Holzfassaden prägen das Ortsbild. Das Schwimm- und Sonnenbad, liebevoll im Volksmund das „Gruebi“ genannt, sticht sofort ins Auge. Die Anlage ist einmalig in diesem Kontext, aber Ausdruck des touristischen Aufschwungs der Region zu seiner Bauzeit - und insofern doch im Ortsgefüge fest verankert.
Das Freibad, das seit 2009 im Bauinventar des Kantons Bern für schützenswerte Bauten aufgeführt ist, wurde 1931 im Geiste des neuen Bauens von Bäderbau-Experte Beda Hefti realisiert. Körperkultur und sportliche Ertüchtigung waren damals zentrale Themen. Die Farbigkeit der von Bergen umgebenen Anlage ist dabei herausragend, die einzelnen Anlagenteile betten sich sorgfältig in die Topographie ein. Garderobengebäude, vorgelagertes Becken, Musikpavillon, Laubengang und Kinderbecken ergeben ein präzises Gesamtes in einem dafür präzise modellierten Gelände. Dennoch erforderte die heutige Zeit etwa Anpassungen an Statik, Sicherheit oder Hindernisfreiheit. So ging der eigentlichen Sanierung eine präzise Auslotung der Eingriffstiefe voraus.
Gut zu wissen
Standort
Adelboden, Schweiz
Bauherr/Betreiber
Gemeinde Adelboden
Gesamtleitung
Beck Schwimmbadbau AG
CH-8400 Winterthur
www.beck-schwimmbadbau.ch
Architekt
akkurat bauatelier GmbH
CH- 3600 Thun
www.ak-b.ch
Landschaftsarchitektur
DUO Landschaftsarchitekten Sarl
CH-1003 Lausanne
www.duo-bk.ch
Autor
ArchiMedium Bonauer, Basel
Fotos
Luftbilder: Mera Film AG, Meiringen
Bodenbilder: David Bühler, Zürich
Offizielle Eröffnung
Juni 2019
Baukosten
4,7 Millionen CHF
4,44 Millionen EUR
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Sanierung als Reise in die Vergangenheit
Nach und nach – Schicht um Schicht – wurde der originale Zustand in seiner ganzen Schönheit entdeckt. Doch es brauchte vorgängig viel Überzeugungsarbeit, diesem einmaligen Gesamtentwurf zu altem Glanz zu verhelfen. Nach mehrjährigem Verfahren und dafür notwendigen Abstimmungen innerhalb der Bevölkerung konnte ein Sanierungskonzept präsentiert werden, welches die Nutzerbedürfnisse wie auch die denkmalpflegerischen Anforderungen erfüllt. Den Beteiligten wurde immer mehr bewusst, was für eine einzigartige Perle in ihrem Besitz ist.
Das gemeinsame Ziel der Sanierung lautete nun: dem Freibad die ursprüngliche Klarheit des Entwurfs zurückzugeben. Entscheidend für die Badeanlage ist dabei das Gelände. Die Einbettung eines 50-m-Beckens in diese von Steilheit geprägte Geländebewegung war eine Meisterleistung, ebenso die sorgfältige Integration der weiteren Anlagenteile. Daher erfolgten nur minimale Änderungen innerhalb der Einpassung ins topografische Gefüge. Vielmehr umfasste die Restaurierung die Wiederherstellung des Originalzustandes beziehungsweise Pflege der vorhandenen Bausubstanz.
Die Herausforderung: Vertikale Verschiebung um 12 cm
In den knapp 90 Jahren hatte sich etwa das eine Beckenende gegenüber dem anderen um 12 cm vertikal verschoben, was eine Ausnivellierung erforderlich machte. Das neue Becken verfügt nun über Verstärkung mit Kohlefaserlamellen und über einen Nichtschwimmerbereich.
Die sichtbaren Teile sämtlicher technischer Optimierungen (zum Beispiel Wasseraufbereitung) waren sorgfältig zu integrieren. Der Sprungturm reduzierte sich aus Sicherheitsgründen – da das Becken aus heutiger Sicht nicht genügend tief ist – von fünf auf drei Meter. Gegen Norden erweitert ein Beachvolleyballfeld die Anlage; auch die Liegewiese und insbesondere das Restaurant wurden vergrößert. Die Architekten betonen: „Im Vordergrund steht heutzutage für viele Besucher nicht mehr die sportliche Ertüchtigung wie in den 30er-Jahren, sondern die Erholung, der Spaß und der Genuss.“
Bewahren und ergänzen
Die angepassten Fensteröffnungen beim Restaurant lassen sich dank eines eigens dafür entwickelten Mechanismus komplett hochstellen, um die Ausgabe der Speisen zu ermöglichen: quasi eine Neuinterpretation der damaligen Schiebefenster. Bewahren und ergänzen – ein zentrales Thema bei der Wiederherstellung dieser historisch bedeutsamen Badeanlage: per Foto rekonstruierte Stahlrohrmöbel; restaurierte bauzeitliche Keramikplatten; ins Gesamtkonzept passende neue Armaturen und Leuchten. Insbesondere war auch die Farbigkeit der originalen Anlageteile wiederherzustellen.
Intensive Farbuntersuchungen und der Umstand, dass dieselben Farben heute wieder erhältlich sind, waren erforderlich, damit das Bad nun in den exakt gleichen Farben erstrahlt wie zu seiner Bauzeit. Viele Details – etwa beim Beton des Musikpavillons – waren neu zu lösen, zugleich durfte der feine Ausdruck der jeweiligen Gebäude nicht verloren gehen. Ihre Innenräume sind weitgehend erhalten geblieben. Die hinzugekommenen Ausbauten halten sich in der Farbigkeit zurück, sodass sie die Gesamtwirkung nicht beeinträchtigen.