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Sicherheit im Sport – gute Planung und etwas Kreativität

Weingärtner, IAKS Interview, Stiftung Sicherheit im Sport

Claus Weingärtner

Stiftung Sicherheit im Sport
Claus Weingärtner
Stiftung Sicherheit im Sport

Claus Weingärtner ist einer der beiden geschäftsführenden Vorstände der Stiftung Sicherheit im Sport.

Er schloss sein Studium an der Deutschen Sporthochschule 1984 als Diplom-Sportlehrer ab. Anschließend arbeitete er als Referent beim DJK-Diözesanverband Essen und seit 1987 beim Landessportbund NRW zunächst als Sportlehrkraft und ab 1992 als Lehrreferent. Im Jahre 2008 übernahm er die Gruppenleitung „Bildung/Erziehung/Mitarbeiterentwicklung“ und ab 2011 die Gruppenleitung „Wissensmanagement und Neue Medien“. Seit 1998 vertrat der den Landessportbund in der „Arbeitsgemeinschaft Sicherheit im Sport“ und war ab 2002 als Dozent für die VBG tätig.

2008/2009 absolvierte er eine Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit, 2014 als Zertifizierter Stiftungsberater und 2015 als Zertifizierter Stiftungsmanager. Seit dem 19.05.2015 bildet er gemeinsam mit David Schulz den geschäftsführenden Vorstand der Stiftung Sicherheit im Sport. (Quelle: Claus Weingärtner - Stiftung Sicherheit im Sport)

 

Kontakt:

Stiftung SICHERHEIT IM SPORT
Universitätsstr. 105, 44789 Bochum

Tel. +49 (0) 234 3226084
Mobil +49 (0) 170 5636310
weingaertner@sicherheit.sport

www.sicherheit.sport

Herr Weingärtner, welche Themen haben Sie als Stiftung Sicherheit im Sport für das Jahr 2021 besonders im Fokus?

Unser wichtigstes Anliegen ist das Projekt „Vereinssport in der Kommune – mit Sicherheit verletzungsfrei“. Mit diesem Projekt erstellen wir Konzepte für Kommunen zur Implementierung von Sportunfallprävention auf der Vereinsebene mit dem Ziel, ein Modell zu erarbeiten, mit dem zuerst im Land NRW und dann deutschlandweit Verletzungsprävention betrieben werden kann. Vereinen soll ein strukturiertes Herangehen an die Sportunfallprävention ermöglicht werden. Zudem haben wir viele kleine Projekte zur Erstellung von Arbeitshilfen, entwickeln Sicherheitskonzepte mit großen Sportvereinen, überprüfen Sportstätten in Hinblick auf Sicherheitsaspekte, betreiben Lobbyarbeit.

Welche Rolle spielt die Politik bei dem Vorhaben, den Sport sicherer zu machen?

Die Zusammenarbeit mit der Politik ist für uns ein wichtiges Anliegen, um dem Thema „Sicherheit im Sport“ einen größeren Stellenwert zu geben. Meistens ist das Thema nämlich erst dann im Bewusstsein, wenn bereits etwas passiert ist. Unser Ansatz ist, dass wir Sicherheit schaffen wollen, bevor etwa ein Kind zu Schaden kommt. Lobbyarbeit für die Sportunfallprävention ist also durchaus wichtig. Sicherheitsaspekte müssen von der Politik gesehen werden und insbesondere bei der Planung von Sportstätten berücksichtigt werden.

Sind die Sportstätten in Deutschland sicher?

Es ist sehr unterschiedlich. Eine neue, gut konstruierte Sportanlage hat natürlich in der Regel weniger Gefahrenquellen als eine ältere Sportstätte. Grundsätzlich ist aber ein riesiger Renovierungsstau bei den Sportstätten in Deutschland vorhanden. Es gibt viele Anlagen, die an verschiedenen Stellen Probleme haben und erheblichen Verbesserungsbedarf in Sachen Sicherheit mit sich bringen. Das fängt bei alten, splitternden Holzböden in Sporthallen an und hört bei der baulichen Beschaffenheit von Sportstätten auf. Eine Gebäudesäule darf zum Beispiel nicht nur einen Meter vom Spielfeldrand entfernt stehen. Aber auch Aspekte wie die Beleuchtung und – gerade in Pandemie-Zeiten - die Lüftung von Sporthallen spielen eine wesentliche Rolle. Bei Außenflächen sehen wir zum Teil Löcher im Rasen, unebene Laufbahnen oder ungepflegte oder gar falsch konstruierte Weitsprunganlagen. Die Liste der Verbesserungsoptionen scheint oft unendlich lang zu sein.

Inwiefern erweitert sich ihr Zuständigkeitsbereich durch die derzeitige COVID-19-Pandemie?

Natürlich haben wir uns auch mit Sicherheitsfragen in Bezug auf die Ansteckungsgefahren beim Sport beschäftigen müssen. Unsere Beratungen insbesondere in der „Re-Start-Phase“ im Sommer letzten Jahres haben sich auch um die Ausbreitung von Aerosolen beim Sporttreiben gedreht. Vor allem beschäftigt uns aber, wie der nicht angeleitete Individualsport sicher betrieben werden kann. Und das betrifft dann nicht nur Outdoor-Aktivitäten, sondern auch das Workout zu Hause vor dem Bildschirm.

Sie lassen die Leute also nur mit ungutem Gefühl zu Hause, fernab von dafür vorgesehenen Sportstätten, sporttreiben?

„Sport ist gesund“ – dieser Grundsatz ist leider kein Automatismus. Und obwohl man natürlich unzählige Anregungen im Internet findet, ist nicht immer sichergestellt, dass das Angebot zur Person passt. Insofern empfehlen wir eine moderate Herangehensweise und eine Auswahl von fundierten Quellen. Beispielsweise bieten viele Sportorganisationen wie z. B. Landessportbünde gute Angebote und Unterstützungen beim „Home-Sporting“.

Sport in den eigenen vier Wänden ist nicht ideal, aber wenn es nicht anders geht, ist es besser als nicht Sport zu treiben. Dabei sind natürlich auch hier Sicherheitsaspekte zu beachten: Ist mein gesamter Bewegungsraum frei? Passt mein Bodenbelag zu den Übungen, die ich machen möchte? Welche Sportkleidung, welche Sportschuhe trage ich? Wie sorge ich für ausreichend Frischluft? Wie wärme ich mich vor der Belastung auf? Wie stark belaste ich mich?

Was empfehlen Sie für das individuelle, unorganisierte Sporttreiben?

Sehr empfehlenswert sind Aktivtäten an der frischen Luft, bei denen der individuelle Puls so hochgetrieben wird, dass man ins Schwitzen kommt, aber nicht außer Atem. Zu beachten sind eine angemessene, atmungsaktive Kleidung inkl. geeignetem Schuhwerk und auch Untergründe ohne Stolperfallen. Bei schlechten Sichtverhältnissen ist auf gute Sichtbarkeit zu achten, insbesondere, wenn man sich auf gemischten Verkehrswegen befindet. Auch sollte man dafür sorgen, dass man selbst mögliche Hindernisse gut erkennen kann, wie z.B. Unebenheiten oder Wurzeln beim Joggen im Wald. Bei der Nutzung von Sportgeräten wie Fahrrad, Inliner, Skateboard sind diese natürlich stetig auf ihre Funktionalität hin zu prüfen (Bremsen, Licht, Rolleigenschaften) und Schutzausrüstungen zu tragen. Und - sofern nicht durch behördliche Vorgaben sowieso verboten – sind auch beim Sporttreiben in Gruppen draußen Abstände von mindestens zwei Metern einzuhalten, um die Gefahr der Ansteckung durch Aerosole zu reduzieren. Und es ist darauf zu achten, dass man sich nebeneinander und nicht im Windschatten bewegt.

Wenn wir davon ausgehen, dass der Sport bald wieder in gewohnter Weise möglich ist: Was braucht eine gute Sportstätte aus Ihrer Sicht?

Sportstätten müssen in erster Linie attraktiv sein. Sie müssen eine angenehme Atmosphäre ausstrahlen, in der sich Sportler*innen wohlfühlen. Und sie müssen natürlich sicher sein. Sicherheit kann direkt sichtbar sein, sie kann aber auch indirekt über das „Know-How“ der Übungsleiter*innen gegeben sein. Gute und sichere Sportstätten haben ihren Ursprung natürlich in der Planung. Planer*innen müssen die Art der Nutzung der Sportstätte frühzeitig antizipieren und im Doing müssen Sicherheitsstandards von den Vereinen und Übungsleitern umgesetzt werden. Vereine sind aber häufig mit provisorischen, nicht normierten Sporträumen konfrontiert. In solchen Fällen ist natürlich Kreativität gefragt. Wie kann ich meinen zur Verfügung stehenden Raum entsprechend seiner Nutzung sicher gestalten? Es sind also zum einen die frühzeitige Planung von neuen Sportstätten, zum anderen kreative Gestaltungen von vorhanden Räumen zugunsten der Sicherheit notwendig, um gute Sportstätten zu schaffen.

Interview: Arne Weise, IAKS Deutschland

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