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(Individual-) Sport im Freien - eine langfristige Alternative?
IAKS Interview

Susanne Mossal-Wagner

Susanne Mossal-Wagner

Susanne Mossal-Wagner

mossal-wagner.deutschland@iaks.sport

Susanne Mossal-Wagner ist Mitglied des Vorstandes der IAKS Deutschland und Expertin für Trend- und Outdoorsport.

Frau Mossal-Wagner, der Vereinssport mit mehreren Personen ist in Deutschland seit einigen Wochen verboten, Fitnessstudios sind geschlossen. Welche Möglichkeiten haben wir, uns anderweitig sportlich zu betätigen?

Freizeitbeschäftigungen wie Wandern, Spazierengehen, Joggen, Fahrradfahren oder Skaten, die sich problemlos allein oder im engen Kreise der Familie umsetzen lassen - sind zu präferieren. Individualsportarten und Bewegungsformen, für die man keine Infrastruktur im klassischen Sinn oder nur persönliches Equipment (Theraband, Yogamatte, Schlingentrainer - also alles was sich leicht transportieren und mitnehmen lässt) benötigt, eignen sich bestens für das individuelle Sportprogramm an der frischen Luft. Dabei können digitale Medien, beispielsweise Apps oder Trainingsvideos, eine sinnvolle Unterstützung bieten - vor allem für Anfänger*innen. Die Möglichkeiten der sportlichen Betätigung im öffentlichen Raum sind als Individualsportler*in grundsätzlich vielfältig.

 

Aber …?

Spannend ist in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, ob für Individualsport im öffentlichen Raum überhaupt eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Während Fahrradwege und Laufstrecken seit längerem zum Bestandteil städtischer Planung gehören, ist erst durch die Zunahme der sogenannten Trendsportarten in den vergangenen Jahren ein Aufwärtstrend bei der Schaffung sportlicher Stätten wie beispielsweise Bewegungsparcours, Calisthenicsanlagen oder Fitnesszirkel in Grünanlagen zu verzeichnen. Es besteht aber noch viel Aufhol- und Nachholbedarf.

 

Öffentliche Sportanlagen stehen jedem zur Verfügung und sind nicht vor missbräuchlicher Nutzung oder Vandalismus geschützt. Inwiefern stellt dies ein Problem dar?

Ich sehe das aus einem anderen Winkel. Wenn Sportinfrastrukturen im öffentlichen Raum mit den Nutzer*innen geplant werden und die Bedürfnisse vorher abgefragt werden, lässt die spätere Auslastung und sportliche Nutzung dieser Infrastruktur kaum Missbrauch oder Vandalismus zu. Wenn eine hohe Nutzungsintensität und Nutzerakzeptanz entsteht, rückt das Thema meiner Erfahrung nach in den Hintergrund. Missbräuchlicher Nutzung kann man zudem vorbeugen, indem man die Infrastruktur schafft, die fehlt, indem man nicht nur Kindern sondern auch (Trend)Sportler*innen ein eigenes Refugium schafft. Als Beispiel: Umschwungstangen auf Spielplätzen werden nur „umständehalber“ von Sportler*innen genutzt, wenn keine adäquaten Klimmzugstangen vorhanden sind.

 

Städte und Kommunen sollten also bedarfsgerecht planen …

Ja, der Bedarf sollte immer im Vordergrund stehen. Vor allem aber sollten die tatsächlichen Anforderungen gemeinsam definiert und festgelegt werden. Das lässt sich unter Einbeziehung interessierter Bürger*innen, einer enger Zusammenarbeit ansässiger Schulen und den lokalen Vereinen umsetzen. Auch wenn diese Beteiligungsverfahren ein zeitintensive Unterfangen sind, zahlt sich die Mühe später durch die langfristige und begeisterte Nutzung der gemeinsam erarbeiteten Lösung aus. Die Sorge einzelner Kommunen vor mangelnder oder nur kurzzeitiger Nutzung der Sportinfrastruktur und die damit verbundene Scheu vor notwendigen Investitionen kann so entkräftet werden.

 

Stößt die Corona-Krise ein generelles Umdenken an, sodass die öffentliche Sportinfrastruktur am Ende vielleicht sogar profitiert?

Sicherlich schenken die Menschen dem Thema Gesundheit seit der Corona-Krise insgesamt mehr Beachtung und richten im Zuge dessen auch ihr Augenmerk auf die persönliche Fitness. Städte, in denen es Sportstätten/ Sportgeräte für Outdoorfitness gibt, profitieren bereits heute durch hohe Auslastung und große Nutzerzahlen. Urbane Räume, die dieses in der Krise stark wachsende Angebot des Sports im öffentlichen Grün noch nicht abdecken, werden auf die steigende Nachfrage reagieren müssen. Der Bedarf an adäquater Sportinfrastruktur im öffentlichen Raum steigt zurzeit nachweislich und führt im Idealfall zum Ausbau.

Insofern könnte die öffentliche Sportinfrastruktur - bei entsprechender Reaktion von kommunalen und politischen Verantwortlichen - auch profitieren.

Solange die Gesundheit weiterhin so im medialen Fokus ist, stehen die Chancen aus meiner Sicht gut, dass sich die Menschen auch langfristig für mehr Sport und Bewegung an der frischen Luft zu begeistern. 

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