Bäderbetrieb unter Covid-19-Bedingungen: Zwischenbilanz

IAKS Online Konferenz am 30. November 2020 erörterte zukünftige Herausforderungen

 

Der IAKS Expertenkreis für Schwimmbäder veranstaltete am 30. November 2020 eine zweistündige Online-Konferenz, um die aktuelle Situation des Bäderbetriebs unter Covid-19-Bedingungen zu erörtern und Ideen für zukünftige Bäderentwicklungen zu diskutieren. Teilnehmer aus Deutschland, Großbritannien, Irland, Kanada, Norwegen und der Schweiz tauschten ihre Erfahrungen aus und gaben Einblicke aus architektonischer, betrieblicher und technischer Sicht.

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aus technischer Sicht

Drei Ingenieure identifizierten Möglichkeiten zur Optimierung von Lüftungssystemen, um eine sichere Poolumgebung für Benutzer zu gewährleisten. Basierend auf den Beobachtungen von Björn Aas (NTNU Norwegische Universität für Wissenschaft und Technologie, Zentrum für Sportanlagen und Technologie), Tom Devin (Devin Consulting Engineers) und Jürgen Kannewischer (Kannewischer Ingenieurgesellschaft) zog der Konferenzmoderator Dr. Stefan Kannewischer (Kannewischer Management) die Schlussfolgerung, dass das Beckenwasser an sich aufgrund der Wasseraufbereitung sicher ist und dass Lüftungssysteme effizient arbeiten, sodass keine weiteren Investitionen zur Vermeidung von Ansteckungen erforderlich seien.

Erkenntnisse:

  • Das Sars-CoV-2-Virus ist wenig resistent in dem warmen und feuchten Klima, das in Schwimmbädern herrscht.
  • Es ist kein schwerwiegender Vorfall (Superspreader-Ereignis) in einem Schwimmbad bekannt.
  • Lüftungssysteme arbeiten effizient mit 5 bis 7 Luftwechseln pro Stunde.
  • Hohe Standards bei der Badewasseraufbereitung helfen Infektionen durch Viren oder Bakterien zu vermeiden.
  • Unter Covid-19 Bedingungen muss die Frischluftzufuhr von außen erhöht werden. Bei niedrigen Außentemperaturen muss die Frischluft wieder erwärmt werden. Dies kann zu höheren Energiekosten und geringerer Luftfeuchtigkeit in der Schwimmhalle führen.
  • Die Ingenieure möchten Tests für eine erhöhte Feuchtigkeitszufuhr zur Frischluft durchführen, sobald die Bäder wieder geöffnet werden können.

aus betrieblicher Sicht

In einer zweiten Diskussionsrunde berichteten drei Betreiber über ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit der Registrierung von Gästen, den Einlasskontrollen, Maßnahmen zum Abstandhalten und zur Schulung des Personals. Marc Riemann (KölnBäder), Thomas Meier (GMF) und Derek Anderson (Aura Holohan Group) erklärten, dass es möglich sei, ein Schwimmbad unter Einhaltung der Sicherheitsanforderungen zu betreiben, jedoch nur unter unwirtschaftlichen Bedingungen. Keiner der Betreiber hat von Ansteckungsvorfällen in Bädern gehört.

Erkenntnisse:

  • Aufgrund der Sicherheitsanforderungen wurde die Kapazität auf rund 50 Prozent reduziert, jedoch bei gleichen oder manchmal höheren Betriebskosten. Der Umsatz ging um rund 35 % zurück.
  • Einige Bäder führten Zeitfenster für Gäste und Online-Ticketing ein:
    • gute Akzeptanz
    • schneller (beim Betreten der Einrichtung) und sicherer (weniger Probleme durch Unruhestifter)
    • teilweise niedrigere Besucherzahlen durch Zeitfenster.
  • Organisierte Aktivitäten (z.B. Schwimmunterricht) werden kontinuierlich nachgefragt und mildern Umsatzausfälle.
  • Einführung von: Beschilderungssystem, Einwegkonzept, verbesserte Reinigung und Desinfektion
  • Schulung des Personals
  • Besucherkommunikation vor der Wiedereröffnung
  • Erklärvideo über neue Customer Journey (z. B. Desinfektionsstationen)
  • E-Flyer mit häufig gestellten Fragen zu den zu erwartenden Änderungen
    • Ziel: Vertrautheit schaffen, Sicherheitsgefühl stärken, Erwartungen wecken
  • Laufende Kommunikation zur Information der Gäste
    • Sicherheitshinweise über Lautsprecher (alle 30 Minuten)
  • Check-out mit QR-Code (um Papierkram für Gäste zu vermeiden)
  • Analyse und Dokumentation (z.B. zählte das Personal die Anzahl der Gäste und machte Fotos, um kritische Stellen zu identifizieren)
  • Verhaltensänderung
    • Aufenthaltsdauer: Gäste benötigen mehr Zeit in Umkleidebereichen
    • nach dem Lockdown: mehr sportorientierte Besucher, weniger erholungsorientierte Besucher
    • Schwimmunterricht: hohes Interesse nach Wiedereröffnung, auch für Erwachsenenunterricht

aus planerischer Sicht

Die letzte Expertenrunde drehte sich um die planerischen Herausforderungen. Aus Sicht der Architekten diskutierten Darryl Condon (HCMA), Gar Holohan (Aura Holohan Group) und Michael Hall (FaulknerBrowns Achitects), wie Covid-19 die Gestaltung öffentlicher Schwimmbäder in Zukunft beeinflussen könnte. Einrichtungen, die nach den Grundlagen des „Universal Design“ entwickelt wurden, können leichter an die neue Situation angepasst werden.

Erkenntnisse:

  • Risiko von weiteren Pandemien / herausfordernden Situationen
  • schwierige Situation für Anlagen, die aktuell geplant werden
  • Wünsche der Nutzer entsprechen möglicherweise nicht den Forderungen der Wissenschaftler und Behörden
  • Ältere Einrichtungen müssen möglicherweise schließen
  • neue Standards für die Wohlbefinden? separater Zugang, großer Eingang, Einwegsystem, geräumigere Umkleidekabinen, Anzeige der Luftqualität?
  • Mehr Pop-Up-Bäder, um auf veränderte Verhaltensweisen zu reagieren?
  • Ausblick: Mehr Nachfrage nach Einrichtungen mit gemischter Nutzung (Sport- und Freizeitaktivität, Gemeindezentrum, Bibliothek,…)
  • Verhaltensänderungen unserer Gesellschaft sind schwer vorherzusagen; ihre Auswirkungen auf den Bäderbau müssen genau beobachtet werden

Eine Zwischenbilanz: Schwimmbäder haben sich unter Covid-19-Bedingungen als sichere Orte erwiesen. Die Experten erwarten nicht, dass dramatische Änderungen erforderlich sind, um Infektionen zu verhindern. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Verhaltensänderungen unserer Gesellschaft in Zukunft eine Änderung der des Bäderangebotes erfordern werden.