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Eissporthallen in der Corona-Krise
IAKS Interview

Lautenschlager, Eissporthallen

Peter Lautenschlager

Peter Lautenschlager

peter.lautenschlager@dasstadtwerk.de

Peter Lautenschlager, Betriebsleiter der "das Stadtwerk.Donau-Arena" in Regensburg, kennt sich aus in der Welt der Eissporthallen. Der 1. Vorsitzende des Vereins der Eismeister e.V. spricht im Interview über die missliche Lage der Kunsteisbahnen in Deutschland während der Corona-Krise, kritisiert die Pauschalschließung von Eishallen und erzählt von seinem Engagement für mehr wissenschaftliche Erkenntnisse bei der Frage nach dem Coronaviren-Übertragungsrisiko in Eissporthallen. Auch, wenn wenig Hoffnung auf öffentliches Eislaufen und Amateur-Training in der Eissaison 2020/21 besteht, plädiert Lautenschlager für Zuversicht: „Wir müssen einfach versuchen, mit Optimismus nach vorne zu schauen.“

 

Herr Lautenschlager, können Sie uns die aktuelle Lage der Eissporthallen in Deutschland mal näher beschreiben?

Die derzeitige Lage würde ich als deprimierend bezeichnen. In Regensburg haben wir momentan 15 Prozent der sonst üblichen Hallenbelegungen um diese Zeit. Wir haben jetzt Mitte Dezember – alle Kunsteissportanlagen würden um diese Zeit normalerweise „brummen“. Es ist schon gespenstisch, wenn man durch das Haus geht und nur vereinzelt einige wenige Kaderathlet*innen oder mal die Profis antrifft.

Was hängt denn alles damit zusammen?

All diejenigen, die als Dienstleister*innen für uns tätig sind, Gastronom*innen, der Schlittschuhverleih und so weiter, die haben derzeit Null Einnahmen. Der Lauf der Zeit wird zeigen, wie überlebensfähig die letztendlich sind, momentan leben sie nur vom Ersparten. Wir versuchen natürlich, mit Mietminderungen entgegenzukommen, um all diese guten Dienstleister*innen auch am Leben zu halten, aber ob das gelingen wird, hängt davon ab, wie lange wir mit dieser Situation noch leben müssen. Mit dem Ausfall von großen Veranstaltungen hängt aber auch eine der größten Branchen, im wahrsten Sinne des Wortes, in der Luft. Für viele Eissportanlagen, die auch multifunktional genutzt werden, ist das eine zusätzliche Hürde, die es zu überwinden gilt. Auch in diesem Bereich wird es sicherlich einige Zeit brauchen bis sich der Markt konsolidiert hat.

Was meinen Sie denn, wann sich die Situation wieder annähernd normalisiert?

Ich befürchte, in der Eissaison 2020/21 wird uns dieses Thema auf jeden Fall bis zum Ende begleiten. Ein Impfstoff ist zwar in Sicht, aber bis eine erste Impfung dann auch Früchte tragen wird, sodass in unseren Anlagen wieder ein „normaler“ Betrieb stattfinden kann, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen. Wenn wir nächstes Jahr zur gleichen Zeit einen annähernd gleichen Zustand haben wie 2019, dann haben wir viel erreicht.

Wenn kleine Fitnessstudios wegen nicht umsetzbaren Hygienemaßnahmen geschlossen werden, ist das relativ verständlich. Eishallen sind aber große Flächen, in denen Hygienekonzepte durchaus umgesetzt werden können, oder?

Grundsätzlich haben sich die Eishallenbetreiber sehr viele Gedanken gemacht und wirklich gute Lösungen für Hygienekonzepte gefunden. Umso dramatischer ist es natürlich, wenn man dann in einen Topf geschmissen wird und nicht mehr zwischen einzelnen Sportstätten unterschieden wird. Ich glaube schon, dass es ein Unterschied ist, ob in einem Fitnessstudio 30, 40, 50 Personen auf 500 Quadratmeter Sport treiben oder 30 bis 40 Amateursportler*innen auf 1800 Quadratmeter Eisfläche trainieren. Zudem sind die Begegnungen beim Eissport sehr kurz. Eishockey ist zwar eine Kontaktsportart, die Spieler*innen begegnen sich aber wenn überhaupt immer nur für einen kurzen Augenblick, es ist nicht so, dass man dort mehrere Stunden in engem Kontakt steht.

Und wie ist das in den Umkleidekabinen?

Nebenräume und Umkleidekabinen sind natürlich problematische Orte, wo man durchaus eine längere Verweildauer auf engerem Raum hat. Aber auch da haben wir zumindest in Regensburg ein Konzept, welches die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln gewährleistet. In diesem Fall ist das Risiko in den Kabinen dann sicherlich weniger hoch als zum Beispiel im Supermarkt oder in der Straßenbahn. Mir ist auch nicht bekannt, dass ein Eisstadion bisher ein Infektionshotspot war. Sicherlich gibt es Spielausfälle in den Ligen durch Corona-Fälle, wo diese aber genau herkommen, ob aus der Eishalle oder aus dem privaten Umfeld der Spieler*innen, das ist nicht genau zurückzuverfolgen.

Also besteht gar kein erhöhtes Infektionsrisiko in Eishallen?

Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu, welches Risiko besteht und welche Maßnahmen in Eishallen wirklich effektiv sind, müssen erst noch gewonnen werden. Als Vorsitzender der Eismeister stehe ich derzeit in Kontakt mit der Universität Regensburg und versuche dort eine Studienarbeit anzustoßen, die sich mit dem Thema „Virenübertragungsrisiko Eishalle“ befassen soll. Man muss zunächst mal wissenschaftlich fundiert aufzeigen, ob und inwiefern Eishallen überhaupt ein erhöhtes Übertragungsrisiko darstellen. Das würde uns vermutlich auch in zukünftigen Pandemien weiterhelfen, um schnell mit entsprechenden Konzepten und Maßnahmen auf wissenschaftlicher Grundlage zu reagieren. Ich blicke aber schon hoffnungsvoll in die Zukunft und setze darauf, dass wir bereits gute Konzepte haben und diese stetig weiter ausbauen. Mit der wissenschaftlichen Grundlage kann man vielleicht zukünftig dieses „Über-einen-Kamm-scheren“ vermeiden und Ausnahmeregelungen für einzelne Bereiche des Sports und insbesondere für den Eissport treffen. So gesehen, sollten wir jetzt alle die Zeit nutzen und solche Überlegungen anstellen und diskutieren.

Lässt sich bei allen Rückschlägen, die auch die Eissportbranche in den letzten Monaten hinnehmen musste, dennoch etwas Positives aus dieser Pandemie mitnehmen?

Ich glaube das letzte halbe Jahr hat uns im Bereich der Digitalisierung um mindestens fünf Jahre nach vorne gebracht. Ganz viele Termine, die im „normalen“ Alltag Reisezeiten und –kosten verursacht haben, löst man jetzt ganz einfach auf dem digitalen Wege. Viele Betreiber*innen von Eissportanlagen haben über Nacht Webshops, Onlineregistrierung für Besucher*innen oder einen Kartenvorverkauf organisiert. Dafür habe ich allergrößten Respekt. Aber ohne die Not durch den Coronavirus wären wir in diesen Bereichen vermutlich bei weitem noch nicht auf dem heutigen Stand. Hier und da gibt es zwar noch technische Probleme, aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Corona-Pandemie uns im Bereich der Digitalisierung um Jahre nach vorne katapultiert hat und ich glaube auch, dass dies ein guter und richtiger Weg ist, das merken wir natürlich auch in den Eishallen.

Was möchten Sie der Eissportwelt in diesen turbulenten Tagen noch mitgeben?

Ich wünsche natürlich allen Kolleg*innen in den Kunsteisbahnen, dass sie mit ihren Eishallen am Leben bleiben. Viele haben natürlich das Glück, Städte und Kommunen im Rücken zu haben, aber auch die städtischen Kassen sind nur mehr halb voll. Für die privaten Betreiber*innen ist die Pandemie eine besonders große Last, die eine enorme Kraftanstrengung erfordert. Ich wünsche allen nur das Beste, dass alle gesund und einigermaßen gerade durch diese Krise kommen. Dann müssen wir mit neuem Mut und vielleicht auch bereits wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Saison 2021/22 gehen. Wir müssen einfach versuchen, mit Optimismus nach vorne zu schauen.

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